doris7kessel9
#3: Kompensierst du noch oder regulierst du schon?
Aktualisiert: 2. Aug.

Ich will dir ein Geheimnis verraten: In der Vergangenheit war ich körperlich im Sport sehr leistungsfähig, vor allem im Wettkampf. Mental stark ebenso. Aber wenn eine Sache dazu kam, nämlich die Emotionen, dann wurde es ganz schön schwierig. Meine Frustrationstoleranz war sehr gering und sie ist immer noch nicht da, wo ich sie gerne hätte ;-)
Im Oktober 2018 habe ich mir auf meiner Lieblingsinsel Kaua’i meine Kniescheibe zertrümmert.
Ab diesem Zeitpunkt hatte ich keine Chance mehr davonzulaufen. Auch nicht vor meinen Emotionen, meinen dysfunktionalen Strukturen oder Verhaltensweisen, die ich mir im Lauf der Jahre angeeignet hatte, um auf diesem Planeten zu überleben. Ja, ich war wahrscheinlich während meiner Triathlonzeit ziemlich oft im “Überlebensmodus” und habe mich wahrscheinlich selbst gar nicht gespürt, zumindest nicht das, was meine Seele eigentlich wollte.
Ich werde nie den Moment des Aufpralls vergessen, als ein Hawaiianischer Geist neben mir war und folgende Worte sagte: “Alles läuft nach Plan”.
Rückblickend betrachtet und nach all den Themen, durch die ich gelaufen bin, bin ich irgendwann bei meinen unbewussten Strukturen angekommen und glaube, dass Hawai’i mich nicht zerstören wollte, sondern retten. Meine Seele retten. Aufdecken, was alles im Verborgenen lag.
Jetzt fragst du dich vielleicht, was das mit Kompensation und Regulation zu tun hat.
Sehr viel.
Ich habe irgendwann angefangen meinen Autopiloten in Frage zu stellen und bei der ein oder anderen Handlung immer mal wieder Inne gehalten, um zu fühlen, was ich eigentlich will.
Es war am Ende nicht das, was ich mir selbst beigebracht hatte. Es war nicht die Geschwindigkeit, die ich mir beigebracht hatte. Sondern vieeel langsamer und liebevoller.
So habe ich herausgefunden, dass viele Handlungen, Handlungen aus einer Angst heraus oder Kompensationsstrategien sind, auch um Emotionen nicht fühlen zu müssen. Ich werde nie den Moment vergessen, als mir bewusst wurde, dass ich vor meinen eigenen Gefühlen davonlaufe. Vor allem vor meiner Wut.
Ich werde auch nie den Moment vergessen, als es mir gelungen ist, mich dem Gefühl von Wut anzunähern. Ein wenig mehr einzutauchen. Es war, als hätte ich 10 Ironman hinter mir ;-)
So übe ich mich nun darin, wirklich bewusst zu fühlen, was da gerade in mir ist. Es da sein zu lassen. Und zu lernen, dass ich es halten kann. Dass ich es regulieren kann und mir mein Körper dabei hilft, mir zeigt, was er braucht und was nicht mehr.
Was brauchst du wirklich tief in dir drin?
Ich glaube tief daran, dass unser System sich von selbst heilen kann, wenn wir ihm nur den nötigen Raum dafür geben und vertrauen, dass es neben Körper und Geist auch eine Seele gibt, die den Weg kennt. Je nach “Schwierigkeitsgrad” natürlich mit professioneller Unterstützung.
So langsam verändern sich auch meine Gehirnstrukturen. Denn das Gehirn lernt mit.
Ich stelle mir das ungefähr so vor in meinem Kopf: “Oh, da passiert ja gar nichts, das ist ja nur ein Emotion. Die geht wieder vorbei. Oder das ist ja gar nicht so arg doll schlimm, wie es im ersten Moment war.”
Was anhand der oberen Zeilen leicht klingt, ist es bei mir gar nicht. Dahinter liegt eine innere Arbeit von über zwei Jahren.
Ich kann dich nur einladen, es zu versuchen. Vielleicht auch mit Begleitung. Ich lasse mich auch begleiten, immer wieder mal. Denn alleine, kann dieser Weg ganz schön beschwerlich sein.
Aber ich glaube, es ist der einzige Weg, zurück zu uns selbst.
Mahalo, Kaua’i.